Von Kunden werden wir immer wieder mit folgender Frage konfrontiert: «Muss ich meinen Obstbaum überhaupt schneiden und wenn ja wie? In der Natur wachsen alle Bäume ohne Schnitt und auch früher wurden die Obstbäume nur in seltenen Fällen regelmässig geschnitten». Unsere Antwort ist immer ein bestimmtes Ja! Die Begründung ist einleuchtend.
In der heutigen Zeit ist unser Anspruch an die innere und äussere Qualität der Früchte sehr hoch. Schliesslich wollen wir von unseren Obstbäumen einwandfreie Früchte ernten können. Dieses Ziel erreichen wir nur mit einem regelmässigen, korrekten Schnitt. Fruchtqualität, Gesunderhaltung und Vitalität des Baumes sind die positiven Auswirkungen eines jährlichen Winterschnittes.
Alle obigen vier Schnittarten werden idealerweise im Februar oder März ausgeführt, d.h. bevor der Baum ausgetrieben hat. Dann ist das daraus zu erwartende Resultat am besten. Als gute Ergänzung zum Winterschnitt bietet sich der Sommerschnitt an. Mehr zum Winterschnitt von Steinobst und Kernobst finden Sie detailliert und anschaulich im Video.
Übrigens, Voraussetzung für einen sauberen und einwandfreien Schnitt ist selbstverständlich gut gepflegtes und scharfes Schnittwerkzeug, wie zum Beispiel die Baumschere oder auch die Klappsäge für stärkere Äste. Das macht die Arbeit leichter und strapaziert die Muskeln und Sehnen am wenigsten. Die Behandlung der Schnittstelle mit Wundverschluss Paste sollte erfolgen, sobald die Schnittfläche grösser ist als 3 – 4 cm. Die passenden Werkzeuge und sonstige Hilfsmittel inklusive der fachlichen Beratung finden Sie selbstverständlich in den Hauenstein Gartencentern.
Bei der Pflanzung von jungen Obstbäumen empfiehlt es sich, im Frühjahr (März) einen Rückschnitt zu machen. Dadurch wird das Grundgerüst des Baumes geformt. Idealerweise lässt man einen Mitteltrieb und 3 – 4 Leitäste (Hauptäste) stehen, die im optimalen Fall einen Neigungswinkel von 45° haben. Eventuell muss man den einen oder anderen Ast, z.B. durch ein Holzstück, abspreizen oder mit einer Schnur herunter binden. Zu steile oder überzählige Äste und Konkurrenztriebe werden an der Basis weggeschnitten! Die Leitäste werden immer auf eine gegen aussen gerichtete Knospe (Auge) auf ca. 1/3 zurückgeschnitten. Der Mitteltrieb sollte am längsten bleiben, jedoch nicht länger als ca. 20 cm über den Leitästen. Genaueres über die Pflanzung von Obstbäumen finden Sie anschaulich und detailliert im Video.
In den Jahren nach der Pflanzung gilt es, den Pflanzschnitt zu unterstützen und weiter zu führen, damit ein optimaler Kronenaufbau entsteht. Meistens wird die klassische Rundkrone angestrebt. Bei Halb- und Hochstämmen ist es die einzig vernünftige Form. Aber auch bei Niederstämmen, welche aus Platzgründen im Hausgarten am häufigsten gepflanzt werden, ist sie sehr zweckmässig und am meisten verbreitet.
Bei der klassischen Rundkrone müssen folgende Punkte beachtet werden:
Der Aufbauschnitt (Erziehungsschnitt) ist dann beendet wenn die Leitäste kräftig genug sind, d.h. wenn sie sich unter dem Gewicht der Früchte nicht mehr verbiegen.
Obstbäume, die von Jahr zu Jahr immer höher wachsen, sollte man frühzeitig zurückschneiden. Das macht die Pflege und die Ernte einfacher. Bei einzelnen Bäumen kann das, wie zum Beispiel bei der Süsskirsche, schon im 6. – 7. Standjahr eintreffen. In einer solchen Situation sollten die Leitäste und auch der Mitteltrieb auf die gewünschte Höhe zurückgeschnitten werden. Die Schnittstelle ist immer oberhalb eines nach aussen, nicht zu starken, möglichst waagrechten Triebes. Im Fachjargon wird von ableiten gesprochen. Waagrecht stehende oder gar nach unten geneigte Äste wachsen viel weniger stark als senkrechte. Zugleich sind diese Äste fruchtbarer, d.h. die Ernte wird grösser ausfallen. In den folgenden Jahren ist darauf zu achten, dass neue, aufrecht strebende Triebe regelmässig weggeschnitten werden.
Wie der Name dieser Schnittart schon sagt geht es um die Verjüngung eines Baumes. Das wird notwendig, wenn der Baum in die Jahre gekommen ist, die Fruchtgrösse abnimmt oder der jährliche Triebzuwachs merklich nachlässt . Wichtig ist, das der Baum nach dieser Schnittmassnahme wieder in der Lage ist ausreichend Neutriebe zu bilden und damit der Entwicklung von Blüten und Früchten nichts mehr im Wege steht.
Verjüngungsschnitte werden aber nicht nur bei alten Bäumen gemacht. Auch bei jungen, schlecht gepflegten Bäumen helfen sie, wieder Schwung in die Krone zu bringen. In der Regel sollte der Verjüngungsschnitt in der Ruhezeit der Obstbäume, also im Spätwinter ausgeführt werden. Ausnahmen sind die Süss- und Sauerkirsche bei denen dieser Schnitt sofort nach der Ernte erfolgen sollte. Bei der klassischen Verjüngungsmethode werden die ursprünglichen Leitäste wieder in Form gebracht. Man reduziert sie etwa um einen Drittel ihrer Länge. Konkurrenztriebe werden ganz heraus geschnitten, bei günstiger Stellung manchmal auch auf Seitenäste reduziert. Bei Kernobst (Apfel, Birne) ist ein Schnitt an jeder Stelle möglich, auch wenn kein Seitenast vorhanden ist. Der Grund liegt darin, dass “schlafende“, unsichtbare Knospen unterhalb der Schnittstelle aktiviert werden können. Die Wundbehandlung ist bei grossen Schnittstellen sehr wichtig und sollte gewissenhaft ausgeführt werden. In den darauffolgenden Jahren ist es wichtig, Wasserschosse und Konkurrenztriebe konsequent wegzuschneiden, damit ein harmonisches Gleichgewicht behalten werden kann.
Vielleicht ist Ihnen nach dem Lesen dieses Artikels noch nicht alles ganz klar. Um das Thema “Schnitt von Obstbäumen“ zu vertiefen, eignen sich unsere Obstschnittkurse, welche jeweils im Februar stattfinden. An diesen Anlässen wird durch einen Fachmann/-frau anschaulich jeder Schritt theoretisch und praktisch erklärt. Selbstverständlich erhalten Sie auf Ihre spezifischen Fragen die entsprechenden Antworten.