Der Altweibersommer, auch gerne als die fünfte Jahreszeit bezeichnet, wird auch "der Sommer auf den Verlass ist " genannt. Nach einem eher kühlen und regenreichen Sommer vermag er uns wieder versöhnlich zu stimmen und präsentiert uns die Natur von der schönsten Seite. Jetzt heisst es den Garten noch einmal richtig geniessen! Diese Farbenpracht, das herrliche Licht und überall diese silbernen Spinnenfäden, am morgen Tau behangen, glitzern sie wie kostbare Perlenketten. Für viele Menschen die schönste Zeit im Jahr.
Die Meteorologen bezeichnen den Altweibersommer als eine Singularität, einen so genannten Witterungsregelfall. Damit sind Wetterlagen gemeint, die zu bestimmten Zeitabschnitten im Jahr mit überdurchschnittlicher Wahrscheinlichkeit auftreten.
Der Altweibersommer ist eine spätsommerliche Schönwetterperiode mit stabilem warmem, sonnigem Wetter. Meist beginnt er Mitte/Ende September und dauert bis etwa Mitte/Ende Oktober, vereinzelt auch bis Anfang November. Häufig entsteht zu dieser Zeit ein für mehrere Tage oder Wochen beständiges Hochdruckgebiet über Mitteleuropa, mit kühlen, klaren Nächten und warmen, fast windstillen Tagen. Es entsteht durch ein Angleichen der Temperaturen von Land und Wasser, mit der Folge geringer Luftdruckunterschiede.
Andere in unseren Breiten bekannte Witterungsregelfälle sind die Hundstage, die Eisheiligen und die Schafskälte.
Die Bezeichnung 'Altweibersommer' ist erst seit etwa 1800 gebräuchlich. Vorher teilte man die Jahreszeiten nur in Sommer und Winter ein. Den Frühling bezeichnete man als jungen Weibersommer, den Herbst als alten Weibersommer. Weib oder noch schlimmer altes Weib klingt in der heutigen Zeit alles andere als schmeichelhaft. Die altdeutsche Herkunft des Wortes 'weiben' hat aber nichts mit unserem heutigem Sprachgebrauch zu tun. 'Weiben' stand ganz allgemein für weben, insbesondere jedoch auch für das Knüpfen von Spinnweben.
Über dem warmen Boden entwickeln sich tagsüber Aufwinde. Von diesen lassen sich junge Spinnen an ihren Fäden in die Höhe tragen, um dann mit einer seitlichen Luftströmung durch die Luft zu schweben. Sie tun das, um sich ein eigenes Revier zu suchen und gleichzeitig einen Platz für die Überwinterung zu finden. Nach kühlen Nächten bilden sich Tautröpfchen auf den herumschwebenden Fäden und den Spinnnetzen. Diese glitzern in der Morgensonne wie sorgfältig, aufgereihte Perlen.
Die feinen grau glänzenden Spinnfäden erinnern an die Haare alter Frauen, das ist eine Erklärung für den Namen "Alt-Weiber-Sommer". Früher als die Menschen noch vertrauter waren mit Mythen, glaubten sie jedoch Lebensfäden zu sehen, gesponnen von alten weisshaarigen Schicksalsgöttinnen. Vielerorts wurde auch die Jungfrau Maria als Urheberin der Seidenfäden betrachtet. So sprach man auch vom 'Mariensommer', 'Marienfäden', 'Marienseide' oder von 'Marienhaar'. Verfingen sich solche Spinnfäden in den Kleidern, so sollte dies Glück bringen. Oder kranke Augen sollte man mit dem Tau, der in den Spinnweben hängt, befeuchten. Ausserdem hielt der Volksglaube die Spinnfäden auch für Gespinste von Elfen und Zwergen.
Charakteristisch für den Altweibersommer sind, neben dem schönen Wetter, eine relativ plötzliche und starke Laubverfärbung. Diese wird durch die grossen Temperaturschwankungen von Tag und Nacht ausgelöst.
Bäume, Sträucher und Stauden verzaubern den Garten mit ihrem neuen Farbkostüm. Es ist ein grosses Finale, das uns die Natur so beschert. Die Tage des draussen sitzen, essen und feiern sind gezählt. Ein Hauch von Melancholie und Abschied hängt in der Luft. Denn auf den Altweibersommer folgt leider meist nasses, kaltes Herbst- und Winter-Wetter. Eine Bauernregel besagt denn auch:
"Wenn viele Spinnen kriechen, sie schon den Winter riechen".